Donnerstag, 5. November 2009

Erkundungstour (23.10.2009)

Geschrieben am 24.10.2009 im Basislager

Ich habe die Nacht kaum geschlafen, da 10 cm neben mir eine ganze Menge los war: Chuck war dauernd am Husten. Er hatte aber auch unabhängig vom Husten ziemliche Atemnot. Das ist eine echt blöde Sache, die ich 2003 einmal in Peru hatte. Man ist im Halbschlaf am Einschladen und hat ungefähr das Gefühl, dass der Körper sobald man die Grenze zwischen Wachsein und Schlafen erreicht, auch die Atmung runterfährt, da man ja schläft. In der Höhe äußert sich das dann aber in kleinen Panickanfällen, da man meint, man hätte ganz aufgehört zu atmen und würde ersticken. Dazu kommt dann leider noch, dass man ja in einem dicken und oben relativ eng geschlossenenem Schlafsack liegt. Wenn man dann Luftnot bekommt, will man aufspringen und sich auch erst einmal daraus befreien. Der Kopf kann einem da schon ganz schön Streiche spielen, da man die meiste Zeit in einem Halbschlaf-/Dämmerzustand verbringt und dann noch weniger mit der Situation klar kommt.

Als endlich die Sonne aufgegangen war, verblassten die Schrecken der Nacht langsam. Man sieht uns oben in unserem Aufenthaltszelt beim Frühstück.



Wir fühlten uns alle ein bisschen besser bzw. wollten jedenfalls nicht nur im Lager herumhocken. Nach dem Verteilen von genügend Sonnencreme auf unserer Haut, um den natürlichen Schweiß-Staub-UV-Filter zu verstärken, machten wir uns mit unseren Tagesrucksäcken auf den Weg.



Tian kam auch mit und hatte mit dem Koch vereinbart, um 15:00 Uhr einmal Funkverbindung aufzunehmen.

Wir liefen wieder am See entlang zu dem Lager der anderen Truppe. Wie man auf dem Bild sehen kann, war deren fließend Wasser noch ziemlich fest diesen morgen.



Lange blieben wir nicht am fremden BC, da wir ja noch einiges erkunden wollten.



Es ging den Hang hinauf, den ich auch am Vorabend schon entlanggelaufen war. Dieses Mal wollten wir jedoch mehr sehen.



Fast zwei Drittel der Berge wurden von großen Schuttmoränen verdeckt, die sich im Umkreis von Kilometern vor den Bergen türmten.



Wir gingen in gerader Linie auf den Dangchezhengla zu und erreichten irgendwann eine solche Moräne. Unser erster Plan war, diese nach Osten zu queren, da wir so nicht so viel Höhe verlieren würden. Ich tat ein paar Schritte auf dem Schotterhang und kehrte um, da die feinen Steine und der Staub ziemlich lose waren und ich keine Lust hatte, den ganzen Hang in einer Steinlawine hinunterzurutschen. Gabi und Ulrich äußerten sich auch gerade kritisch zu der Beschaffenheit, da lief Chuck einfach los.

Ich fand das ziemlich komisch. Gut, das Risiko selbst einzuschätzen ist eine Sache und er war ja auch nicht abgerutscht. Aber eigentlich hätte klar sein sollen, das den Hang keiner von uns nachkommen würde. Wir waren also erst mal getrennt. Chuck erkundete weiter und war weg.

Ich versuchte einen anderen Weg auf das Moränensystem herauf zu finden und erkletterte einen steileren Hang, in dem größere Blöcke lagen, denen ich mehr vertraute. Ulrich wollte sich ein bisschen nach Westen umsehen und Gabi und Tian warteten dort, wo wir uns getrennt hatten. Ich kletterte weiter den Hang hinauf und fand irgendwann auch endlich Chuck, der etwas unterhalb auf einer Moräne stand und filmte.



Ihm war wieder eingefallen, wie der eigentliche Zustieg sein sollte. Er geht nämlich nicht üben den oben sichtbaren steilen Gletscher des Dangchezhengla, sondern weiter im Osten eine Gletscherzunge hinauf, die sich vor dem Central Peak entlangzieht. Wir mussten also zu einem anderen Zustieg und dazu erst einmal ins Tal hinab zu einem Pfad, der vom BC der adneren erreichbar war.

Da Chuck den Weg nicht wieder zurückgehen wollte, den er gekommen war, wollten wir uns im Tal treffen und dafür musste ich erst einmal alle anderen wieder zusammensuchen. Ulrich war ziemlich weit gekommen und bei seiner Suche und einer Reihe von Steinmännern gefolgt, über deren Zweck oder Erbauer wir keinen blassen Schimmer hatten. Bis er wieder bei der Truppe war, nachdem ich ihn gefunden hatte, waren schon ein paar Minuten vergangen und Chuck wartete eine ganze Weile im Tal am Pfad, als wir dort ankamen.

Nach einer Pause ging Tian zurück zum BC und wir gemeinsam weiter Richtung Westen. Irgendwann verabschiedeten sich auch Gabi und Ulrich und Chuck und ich setzten die Erkundungen alleine fort bis zum Ende des Tals an einem Pass hinter zwei kleinen Seen (siehe Foto).



Auf unserem ziemlich späten Rückweg kamen wir am BC der anderen vorbei und trafen dort Cheng Li, der meinte er würde mitkommen.



Wir verstanden nicht ganz, bis uns plötzlich drei Gestalten nachliefen: Cheng Li, ein summender Dorfbewohner und eine Chinesin, die wir nicht kannten. Die drei hatten sich bei uns zum Essen eingeladen. Leider reichte de Platz nicht aus, aber die ungebetenen Gäste waren so selbstverständlich dort, dass eben Tian später mit dem Koch essen musste und nicht mit uns. Während das ganzen Essens unterhielten sich die Cheng Li und die Frau nur auf chinesisch, was wir ziemlich unhöflich fanden.

Nach dem Essen ritten zwei Fremde durch unser Lager, mit denen unser Koch und der Dorfbewohner gleich eine kleine Diskussion anfinden. Ich dachte erst, es wären Leute von Jon, die nun ins Dorf absteigen wollten mit ihren Pferden. Cheng Li sagte allerdings es seine Yak-Hirten und sie suchten ihre Yaks. Ich hatte hier oben noch kein einziges Yak gesehen. Bald verabschiedeten sich unsere Gäste und gingen zurück zu ihrem Basislager.

Gegen 23:00 Uhr kam jedoch Cheng Li zurück. Sein Rucksack sowie ein paar Thermoskannen waren aus ihren unbewachten Zelten gestohlen worden. Wahrscheinlich waren es die vermeintlichen Yak-Hirten gewesen. In dem Rucksack war die Kasse unserer beiden Expeditionen. Also das gesamte Geld, mit dem z.B. alle Pferdetreiber noch bezahlt werden sollten.

Wir mussten unser Lager sicher machen und alles, was z.B. im Aufenthaltszelt lag irgendwie verpacken und nach Möglichkeit mit in die kleinen Schlafzelte nehmen. Sollte jemand in der Nacht etwas hören oder sehen, müssten wir sofort laut schreien.

Jon hatte mittlerweile Camp 1 unterhalb der Südwand des Yangmolong aufgeschlagen.

1 Kommentar:

  1. Total üble Geschichte und kaum zu glauben, dass man an so einem ort auch noch auf diebe stößt. krass.

    AntwortenLöschen